Montag, 14. Dezember 2009

Besetzung unterm Weihnachtsbaum

Es ist jetzt schon über einen Monat her, dass eine Gruppe von Studenten hier in den Hörsaal gezogen ist, um ihn zu besetzen. Einige der Forderungen, die im Plenum des Bildungsstreiks beschlossen wurden, werden mittlerweile mit den Verantwortlichen diskutiert; an der FU wurde ein runder Tisch mit Vertretern aller Angehörigen der Universität eingerichtet, an dem etwa versucht wird, die Forderung nach Abschaffung der Anwesenheitspflicht umzusetzen. Es gibt an vielen Instituten Anläufe, um das Bachelorstudium unter Mitwirkung der Studierenden zu verbessern. Das BAFöG wird erhöht, Studiengänge sollen hinsichtlich ihrer Studierbarkeit überprüft werden, sogar Präsident Lenzen verlässt die FU - hat der Bildungsstreik seine Ziele erreicht?

Zumindest scheint den Protestierenden die Puste auszugehen, ich will mich da selbst auch nicht ausschließen. Waren auf der letzten Vollversammlung, die in der Mensa stattfand, noch weit über 500 Studierende dabei, so haben sich heute grade einmal etwa 100 im Hörsaal zur "Weihnachts-VV" eingefunden. Besonders deutlich wurde dabei der Graben, der mittlerweile zwischen Besetzern auf der einen Seite und Sympathisanten auf der anderen Seite verläuft. Es hat sich eine feste Gruppe gebildet, die im Hörsaal übernachtet und ihn permanent besetzt hält, während die anderen (zu denen auch ich gehöre) lediglich ab und zu im Hörsaal vorbeikommen, merken, dass nicht viel los ist, und wieder gehen. Die täglichen Plena, die am Anfang des Steiks eingeführt wurden, finden teilweise gar nicht mehr oder nur noch mit zehn Leuten statt. So wird auch Interessenten die Möglichkeit zur Mitarbeit mehr oder weniger verwehrt. Die Besetzer selbst, die anfangs stets betonten, offen für alle zu sein, reden mehr und mehr von sich selbst wie von einer geschlossenen Gruppe.

Unter ihnen herrscht die Meinung vor, der Bildungsstreik müsse weitergehen und man dürfe sich nicht von kleinen Zugeständnissen einlullen lassen, da man ja - zumindest teilweise - nicht nur ein paar Veränderungen, sondern einen Systemwechsel in der Bildungspolitik will. So wurden auf der heutigen Vollversammlung Pläne erörtert, wie und ob die Besetzung über die Weihnachtsferien weitergehen soll. Angeblich haben einige der Besetzer schon ihre Familien zu Weihnachten in den Hörsaal eingeladen. Andere denken, es wäre gut, die Besetzung bis Weihnachten abzubrechen, um dann im neuen Jahr "mit einem Knalleffekt" wieder in den Hörsaal zu ziehen.
So oder so bleibt zu hoffen, dass der Protest nicht zu einer Art Ferienlager für politisch interessierte Studenten verkommt, sondern dass sich nach Weihnachten wieder ein paar mehr aufraffen können. Passiert das nicht, sollten die ca. 30 Studierenden, die den "harten Kern" bilden, so ehrlich sein und den Bildungsstreik vorerst abbrechen. Dann könnte man die Verhandlungen abwarten und bei nicht zufriedenstellenden Ergebnissen über eine Neuauflage nachdenken.

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